Bauen im Kreislauf
Ist Bauen im Kreislauf einfach so möglich?
Der aktuelle Verbrauch an Ressourcen übersteigt die Kapazitäten unseres Planeten. Derzeit verbrauchen wir so viel, als gäbe es die Erde dreimal. Sichtbar wird das im sogenannten Material-Fußabdruck der Österreicher*innen: 2017 lag dieser bei 33 Tonnen pro Kopf und Jahr. Damit hat Österreich den fünftgrößten Materialverbrauch innerhalb der EU. Ziel des Bundesministeriums für Klimaschutz ist es, diesen Wert bis 2050 auf 7 Tonnen pro Kopf jährlich zu senken.
Die Bauwirtschaft ist einer der größten Verbraucher von Ressourcen. Allein der Bedarf an mineralischen Rohstoffen wie Metallen, Steinen und Erden lag 2018 in Österreich bei rund 95 Millionen Tonnen. Darüber hinaus ist die Branche für zwei Drittel der jährlich insgesamt 76 Millionen Tonnen Abfall verantwortlich. Einige Rohstoffe wie Kupfer und Stahl werden schon jetzt im Kreislauf geführt und auch Baustoffe wie Beton oder Ziegel werden bereits zu 80 Prozent wiederverwertet, jedoch hauptsächlich im Straßenbau, was mit einem Qualitätsverlust einhergeht. Insgesamt werden in der Baubranche allerdings nur circa 30 Prozent der verwendeten Rohstoffe recycelt und dem Kreislauf damit wieder zugeführt. Laut der Kreislaufwirtschaftsstrategie Österreich war die österreichische Wirtschaft 2020 zu gerade mal 12 Prozent zirkulär. Ziel ist es, diesen Prozentsatz bis 2030 auf 18 Prozent zu steigern, denn alles, was dem Kreislauf nicht wieder zugeführt wird, geht als Wertstoff und somit als Ressource verloren. Zusätzlich werden die für die Betonherstellung notwendigen Sande knapper, sodass in Zukunft neue Wege gegangen werden müssen.
Material-Fußabdruck der Österreicher*innen
Biomasse, fossile Energieträger, Metalle und nicht metallische Mineralstoffe kommen auf jede*n Österreicher*in pro Jahr.
Fakt ist – das bisherig gelebte lineare Modell der Rohstoffgewinnung, -verarbeitung, -nutzung und -entsorgung funktioniert langfristig nicht mehr. Damit in Zukunft ressourcenschonender und umweltfreundlicher gebaut werden kann, muss umgedacht werden. Darunter muss nicht zwangsweise der eigene Lebensstandard leiden. Es geht vielmehr darum, bestehende Alternativen zu nutzen und neue Wege zu gehen.
In Zukunft müssen wir Produkte und Gebäude jedoch so gestalten, dass deren Weiterbestehen gewährleistet ist. Dadurch sparen wir langfristig Energie und damit CO2-Emissionen. Was wäre, wenn wir vermeintliche Abfälle in Zukunft als Wertstoffe verstehen und diese in einen zweiten, dritten oder vierten Lebenszyklus schicken? Um das Bauen im Kreislauf Realität werden zu lassen, ist das aktive Mitgestalten von allen gefragt. Die gute Nachricht – wir können jetzt schon handeln. Oberste Priorität hat dabei vor allem, den Bestand weiter zu nutzen. Des Weiteren gilt, so zu planen, dass weniger Ressourcen benötigt und Grundrisse langfristig flexibel genutzt werden können. Auch die Materialwahl und deren Design sowie die Verbindungen der Baustoffe miteinander sind ausschlaggebend: Baustoffe und Bauelemente sollten unkompliziert und ohne große Umarbeitungen in neuen Gebäuden wiederverwendet oder recycelt werden können. Diese sollten beim Verbauen konsequent dokumentiert und in einem sogenannten Gebäudematerialpass festgehalten werden. Das erleichtert den selektiven Rückbau, das Recycling und die Weitervermittlung der Bauteile in der Bauwirtschaft und macht den Fortbestand langfristig möglich. Die Vision, auf die es hinzuarbeiten gilt, ist das „Zero Waste Gebäude“. Das Bauen im Kreislauf ist dabei ein wichtiger Baustein, aber nicht die alleinige Lösung. Die heutige Wegwerfgesellschaft wird sich hin zu einer Weiternutzungsgemeinschaft entwickeln müssen.
„Wir müssen nicht auf neue Gesetze, ein kreislauffähiges Produktdesign oder auf eine
größere Recyclingindustrie warten. Bauen im Kreislauf geht ab sofort und muss bereits in der Planungsphase von Anfang an mitgedacht werden.“
In der Baubranche findet ein grundlegendes Umdenken hin zur Weiternutzung statt. Denn Bauen im Kreislauf schont Ressourcen, spart Energie und schont die Umwelt.
Neue OIB-Richtlinien im Sinne des Bauens im Kreislauf
Momentan liegen sechs Richtlinien des Österreichischen Institutes für Bautechnik (OIB) zur Vereinheitlichung der bautechnischen Vorschriften in Österreich vor. Hierbei werden zum Beispiel Vorgaben über Brandschutz oder Schallschutz gegeben. Diese Vorschriften können die Bundesländer in ihren Bauordnungen für baurechtlich verbindlich erklären. Derzeit ist eine zusätzliche bzw. neue, „siebente“ OIB- Richtlinie in Ausarbeitung.
Diese neue Richtlinie soll in Zukunft Bauvorgaben tätigen, die wesentliche Aspekte der Ressourceneffizienz und -schonung abdecken. Hierbei bieten die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft einen wichtigen Zugang. Bis Ende 2027 soll die Richtlinie formuliert werden, mit dem Ziel der baurechtlichen Verbindlichkeit in den Bundesländern.
Vorgehensweise laut österreichischem Abfallwirtschaftsgesetz
Es gibt bereits Richtlinien, die für die rechtliche und gesellschaftliche Verankerung des Bauens im Kreislauf sorgen. Dazu gehören der Green Deal der EU, der EU-Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft sowie die österreichische Kreislaufwirtschaftsstrategie und das österreichische Abfallwirtschaftsgesetz.